Simulations-Apps erleichtern die Entwicklung von Elektromotoren

Volkswagen Kassel beschleunigt den Designprozess von Elektromotoren durch die Erstellung und Verbreitung von Simulations-Apps, die die Festigkeit von Rotorblechen bewerten.


Von Thomas Forrister
Dezember 2019

Da immer mehr Kunden ihre Sorge um die Umwelt zum Ausdruck bringen, sind Elektrofahrzeuge auf dem besten Weg, herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor als Verkehrsmittel der Wahl den Rang abzulaufen. Als Antwort auf diese wachsende Nachfrage leisten die führenden Automobilhersteller ihren Beitrag, um den Weg für Elektrofahrzeuge zu ebnen, indem sie neben der Herstellung von Verbrennungsmotoren die Entwicklung von Elektro- und Hybridmotoren vorantreiben. Ein solcher Automobilhersteller ist Volkswagen, dessen Werk Kassel auf die Entwicklung, Planung und Produktion von Elektroantrieben spezialisiert ist und täglich 150 Elektro- und 300 Hybridantriebe produziert.

Als wesentliche Komponenten in elektrischen Antrieben müssen Rotoren auf ihre Festigkeit geprüft werden, da sie während des Betriebs hohen Drehzahlbelastungen standhalten müssen. Die Bewertung der Festigkeit von Rotorblechen ist jedoch zeitaufwendig. VW Kassel automatisiert diesen Testprozess für Rotoren, senkt die Entwicklungskosten und erhöht die Produktqualität durch die Erstellung von Simulations-Apps mit der Software COMSOL Multiphysics®.

Die Balance zwischen elektromagnetischen und mechanischen Anforderungen

2015 begann Volkswagen mit der Entwicklung eines modularen Systems, um das Design des Elektroautos zu optimieren und den Herstellungsprozess effizienter zu gestalten. Es wird Modular Electrification Toolkit (MEB) genannt. Das MEB berücksichtigt das Drehmoment, die Leistung und die Geschwindigkeit für den Haupt-Hinterradantrieb und für den optionalen Vorderradantrieb, der bei Allradversionen verwendet wird (Abbildung 1). Neben anderen Anforderungen, wie beispielsweise den Achsübersetzungen, den Antriebseinheiten, dem Gewicht und den Radständen, spielt die Konstruktion und Platzierung der Hochspannungsantriebsbatterie eine wichtige Rolle im Gesamtkonzept des MEB. Während das MEB dazu beiträgt, einzelne Komponenten und das System als Ganzes zu optimieren, muss der Konstrukteur diese Anforderungen sorgfältig abwägen, insbesondere wenn neue Technologien wie Digitalisierung, autonomes Fahren und Elektroantriebe einbezogen werden.

Abbildung 1. Schema des MEB, mit dem optionalen Allradantrieb (links, vorne am Fahrzeug) und dem Hauptantrieb (rechts, hinten am Fahrzeug).

Seit Beginn der Entwicklung des Elektroantriebs gibt es bei VW Kassel eine enge Zusammenarbeit zwischen den an der Konstruktion, der Simulation und den Tests beteiligten Mitarbeitern. Zunächst prüfen die Simulationsexperten die Leistungsspezifikationen für einen Elektroantrieb und untersuchen mithilfe der Simulation, wie man am besten an die Konstruktion herangeht. Die Verteilung einer Simulations-App, die auf diesem Modell basiert, ermöglicht es den Konstrukteuren dann, verschiedene Varianten zu vergleichen und die beste auszuwählen.

Diese Zusammenarbeit ist wichtig und für alle von Vorteil, da die Simulation nicht alle Probleme der realen Welt abdecken kann. Daher spielt das Testverfahren eine wichtige Rolle im Entwicklungsprozess. Darüber hinaus trägt das experimentelle Testverfahren zur Verbesserung der Simulationsmodelle bei.

„Bei der Entwicklung elektrischer Maschinen muss man viele Anforderungen erfüllen“, erklärt Dr. Steffen Rothe, Simulationsingenieur der Komponentenentwicklung bei VW Kassel. „Einerseits muss die Maschine den elektrischen Anforderungen an das Drehmoment und die Leistung entsprechen. Andererseits muss der Rotor eine gewisse Stabilität aufweisen, wobei die Zentrifugalkraft die Hauptlast für den Rotor darstellt.“

Außerdem kann es eine Herausforderung sein, zwei Anforderungen unter einen Hut zu bringen, da sie manchmal im Widerspruch zueinander stehen. Während es beispielsweise besser ist, dünne, stegartige Strukturen für die elektromagnetischen Anforderungen zu verwenden, sind dickere Strukturen für die mechanische Festigkeit besser geeignet. Es ist wichtig, dass diese Anforderungen bereits in einem frühen Stadium des Entwicklungsprozesses berücksichtigt werden. Eine Möglichkeit, dies effizient zu tun, besteht darin, alle Lastfälle zu simulieren, die die Anforderungen erfüllen. „Die Simulation spielt eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung des Designprozesses“, so Rothe.

„Viele industrielle Simulationsprogramme sind als Black Box konzipiert, während COMSOL Multiphysics® durch seine Transparenz einzigartig ist. Es ermöglicht den Nutzern, die implementierten Gleichungen einzusehen und zu ändern oder sogar eigene hinzuzufügen“, sagt Rothe. Außerdem ist die Software von Anfang an als Multiphysik-Tool entwickelt worden und ermöglicht es dem Anwender, verschiedene Physikbereiche gleichzeitig zu simulieren. Der Benutzer kann also verschiedene Physikbereiche miteinander kombinieren, um etwas völlig Neues zu schaffen.

Die Analyse komplexer physikalischer Probleme wie diesem kann jedoch eine Herausforderung sein, selbst für einen Simulationsexperten. Das Team brauchte eine Möglichkeit, mit Kollegen zu kommunizieren und es auch Nicht-Experten für mechanische Simulationen zu ermöglichen, bestimmte Parameter zu testen. Mit dem Application Builder, einem in COMSOL Multiphysics® integrierten Tool, konnten die Konstrukteure diese Anforderungen erfüllen, indem sie Simulations-Apps zur Vorhersage der Spannungen in einem Rotor erstellten.

Verbesserung der Produktion von Elektrofahrzeugen mit spezialisierten Applikationen

Um eine App für Kollegen zur Bewertung der Festigkeit und Haltbarkeit von Rotorblechen zu entwerfen, haben die Simulationsexperten Marie Hermanns und Steffen Rothe darüber nachgedacht, welcher Teil des Modells automatisiert werden kann, welche Modellparameter variabel sind und welche Ergebnisse die App zeigen soll.

Abbildung 2. Ein typischer Rotoraufbau mit den Rotorblechen, der Welle und den Magneten.

Für einen typischen Rotoraufbau (Abbildung 2) kamen die Simulationsexperten zu dem Schluss, dass sie die Belastungstests automatisieren könnten, um Interferenzen, Temperatur und Betriebsgeschwindigkeit zu berücksichtigen. Dies sind Parameter, von denen die Kollegen in anderen Abteilungen profitieren würden, wenn sie sie selbst ändern könnten. Zu den allgemeinen variablen Parametern gehören Geometrie, Fläche, Interferenzen, Kontakte, Anzahl der aktiven Magneten und Materialien. Diese Überlegungen halfen Hermanns bei der Erstellung einer intuitiven Benutzeroberfläche für die App (Abbildung 3), mit der die Kollegen die erforderlichen Berechnungen durchführen konnten.

Abbildung 3. Ein Beispiel für die Benutzeroberfläche der Simulations-App.

„Wir wollten eine App für Kollegen entwickeln, die einen einfachen und schnellen Vergleich verschiedener Designs ermöglicht“, sagt Hermanns. „Außerdem kann man ein Tool für ein bestimmtes Problem mit einer intuitiven Benutzeroberfläche erstellen. In diesem Fall muss der Nutzer nicht erst lernen, wie die Simulation im Detail funktioniert.“

Standardizing Development to Serve Company and Customer Needs

In addition to automating the development process among departments at VW Kassel, specialized simulation applications help the engineers standardize their benchmarking process of rotor laminations.

The application shortens the time it takes to perform common tasks such as applying boundary conditions, materials, and loads, and is standardized and combined into a user interface. A further benefit is the automatically generated report, which includes a strength rating for laminated rotor sheet sections and helps to standardize the report summaries across teams (Figure 4).

Abbildung 4. Standardisierte Festigkeitsergebnisse für den Rotor.

Through the stress analysis of rotor laminations using simulation applications, engineers at VW Kassel are able to save time and money during the development process of electric drives. The applications also contribute to increasing product quality by helping simulation experts and nonexperts alike automate the lengthy model construction process and standardize models and results, shortening the distance it takes to get from model to concept vehicle to commercially available EV.

Ein Foto von Marie Hermanns, Simulationsingenieurin bei VW Kassel.
Ein Foto von Steffen Rothe, Simulationsingenieur bei VW Kassel.

Links: Marie Hermanns (Simulationsingenieurin). Rechts: Steffen Rothe (Simulationsingenieur).

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