Eine lautlose Revolution: Analyse von Elektromotorgeräuschen durch Simulation
Seit mehr als einem Jahrhundert sorgen Elektromotoren dafür, dass sich die Welt weiterdreht. Wahrscheinlich schon mit den ersten Geräten – vom elektrischen Ventilator bis zum Auto – wurde auch der Wunsch nach leiseren Maschinen laut. Das Geräusch, das wir von einer elektrisch betriebenen Maschine hören, ist ein multiphysikalisches Phänomen, da die elektromagnetische Aktivität eines Motors Vibrationen sowohl durch die Maschine als auch durch die umgebende Luft sendet. Mit der Software COMSOL Multiphysics® können wir die akustischen Effekte simulieren, die ein Permanentmagnet-Synchronmotor (PMSM) bei unterschiedlichen Drehzahlen erzeugt.
Einen Einblick in die Erstellung eines elektromagnetischen Modells eines elektrischen PMSM-Motors erhalten Sie in diesem früheren Blog-Beitrag.
Permanentmagnet-Synchronmotoren: teurer, aber auch effizienter
Der Permanentmagnet-Synchronmotor ist ein Wechselstrommotor, der im Vergleich zu den gebräuchlicheren bürstenlosen Gleichstrom- und den Wechselstrom-Induktionsmotoren eine hohe Leistungsdichte bietet. Ein 20 kg (44 lb) schwerer PMSM-Wechselstrommotor kann beispielsweise mehr Leistung und Drehmoment liefern als ein 55 kg (121 lb) schwerer Wechselstrom-Induktionsmotor, und verbraucht dabei weniger Energie.
Ein Permanentmagnet-Synchronmotor (PMSM). Bild lizenziert unter CC BY-SA 4.0, über Wikimedia Commons.
Der größte Nachteil eines PMSM liegt in den hohen Kosten für die Permanentmagnete des Rotors. Außerdem erfordern Wechselstrommotoren ein fortschrittlicheres Energiemanagementsystem als vergleichbare Gleichstrommotoren. Die jüngsten technologischen Entwicklungen haben jedoch die Kosten für die Wechselstromversorgung und -steuerung gesenkt, und die Vorteile eines geringeren Energieverbrauchs überwiegen zunehmend die höheren Anschaffungskosten eines PMSM.
Von Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen bis hin zu HLK-Anwendungen wie Ventilatoren, Wasserpumpen und Kompressoren – der Einsatz von Permanentmagnet-Synchronmotoren nimmt zu. Viele Elektro- und Hybridautos, darunter der Nissan® LEAF®, der Toyota® Prius®, der BMW i3®, der Chevrolet® Bolt und einige Fahrzeuge von Tesla® werden von Permanentmagnet-Synchronmotoren angetrieben.
Der Klang der Stille: In einer ruhigen Umgebung nehmen wir mehr Lärm wahr
Ein Elektroauto ist deutlich leiser als ein Auto mit Verbrennungsmotor, was die Kontrolle von Geräuschen, Vibrationen und Rauheit (Noise, Vibration, and Harshness; NVH) jedoch noch schwieriger machen kann. In einer Hyundai-Studie aus dem Jahr 2015 über Elektromotorengeräusche in Hybridfahrzeugen wird erklärt:
Obwohl das Motorengeräusch relativ niedrig ist, kann das Antriebsgeräusch ohne Motorzündung von Kunden leicht wahrgenommen werden, da der Maskierungseffekt des Verbrennungsmotors geschwächt ist. Für den interessanten Frequenzbereich um 1 kHz ist das menschliche Ohr empfindlich.
Zur Minderung dieser stärker wahrnehmbaren Geräusche können Ingenieure die NVH-Übertragung in der gesamten Fahrzeugstruktur berücksichtigen, doch sie können die Messung und Steuerung der Motorakustik auch an der Quelle durchführen.
Modellierung der Multiphysik von Elektromotorgeräuschen
Wenn wir ein Quietschen oder Rattern aus dem Schaft oder Gehäuse eines Elektromotors hören, reagieren wir in Wirklichkeit auf die hörbaren Auswirkungen elektromagnetischer Aktivität. Ein PMSM verwendet Permanentmagnete im Rotor und einen Wechselstrom mit variabler Frequenz, der durch den Stator fließt, um ein Drehmoment zu erzeugen. Wenn sich der Rotor dreht, erzeugt der Stator mithilfe von elektrischem Strom ein Magnetfeld, das der Drehzahl des Rotors folgt, um ein konstantes Drehmoment zu erzeugen.
Aufgrund ihrer Konstruktions- und Fertigungsbeschränkungen sind Motoren elektromagnetischen Kräften ausgesetzt, die nicht rein sinusförmig sind.
Wie in diesem früheren Blog-Beitrag (und einer kommenden Blog-Reihe) erläutert, enthalten die elektromagnetischen Kräfte eine Hauptkomponente bei der Rotationsfrequenz, aber auch Variationen, die bei höheren Frequenzen erzeugt werden. Diese Variationen, die als Harmonische höherer Ordnung bezeichnet werden, treten bei Vielfachen der ersten Harmonischen auf und können die NVH-Leistung eines Motors erheblich verändern.
Wie in dem hier vorgestellten Tutorial-Modell zu sehen ist, kann die Simulation zur Berechnung der elektromagnetischen Kräfte und zur Extraktion der ersten und nachfolgenden Harmonischen verwendet werden. Diese harmonischen Kräfte werden verwendet, um die Struktur mit Schwingungen anzuregen, die sich durch das Motorgehäuse ausbreiten und Druckwellen in der Luft erzeugen, die oft für einen erheblichen Teil des wahrnehmbaren Geräusches verantwortlich sind. Da die Drehzahl des Motors variabel ist, wird mithilfe von Simulation die von jeder Harmonischen mit zunehmender Motordrehzahl erzeugte Schallmenge bestimmt.
Visualisierung der akustischen Antwort auf elektromagnetische Kräfte
Im Allgemeinen werden die elektromagnetischen Kräfte, die während der Rotation eines Permanentmagnet-Synchronmotors (PMSM) entstehen, mit einem 2D-Modell sehr gut erfasst. Die Vibrationen und das abgestrahlte Geräusch müssen jedoch mit der vollständigen 3D-Geometrie analysiert werden. Sowohl der für die elektromagnetische Analyse verwendete Motorabschnitt als auch die 3D-Geometrie mit dem umgebenden akustischen Gebiet sind im Folgenden dargestellt.
2D-Geometrieansicht (links) und 3D-Geometrie mit umgebendem akustischem Gebiet (rechts) des Motors. Einige Ränder sind zu Darstellungszwecken ausgeblendet.
Es werden drei Studien durchgeführt, um das PMSM-Modell zu analysieren:
- Transiente Analyse zur Bestimmung elektromagnetischer Kräfte im Zeitbereich für eine gegebene Drehzahl.
- Fourier-Transformation zur Umwandlung der Kräfte im Zeitbereich in verschiedene Harmonische im Frequenzbereich. Die Frequenzbereichsanalyse ermöglicht eine effiziente Berechnung der Schwingungen und Geräusche im 3D-Modell.
- Vibroakustische Analyse bei jeder Harmonischen und bei unterschiedlichen Drehzahlen.
Das Bild unten zeigt die Verschiebung und den Schalldruck, die im modellierten Motor durch die dritte Harmonische bei 2360 Hz erzeugt werden.
Verschiebung (übertrieben) und Schalldruck, erzeugt durch die dritte Harmonische bei 2360 Hz.
Das Feature Exterior Field ermöglicht die Bewertung des Schalldrucks an jedem beliebigen Punkt außerhalb des Berechnungsgebiets. Das folgende Bild zeigt den Schalldruckpegel an der Oberfläche des Motors und in 0,5 m Entfernung vom Motor. Das Abstrahlungsmuster weist viele Keulen auf, was zeigt, dass die akustische Antwort an verschiedenen hypothetischen Mikrofonstandorten oder Hörpunkten variiert.
Abstrahlungsmuster und Schalldruckpegel an der Oberfläche des Motors (links) und in 0,5 m Entfernung (rechts).
Sobald der Frequenzgang für jede Harmonische und Geschwindigkeit bekannt ist, kann er mit einem Campbell-Diagramm, manchmal auch Wasserfall-Diagramm genannt, dargestellt werden.
Ein Campbell-Diagramm zeigt die Drehzahl des Motors auf der x-Achse und die Frequenz des gemessenen Geräusches auf der y-Achse. Die Farbe steht für den am Mikrofon gemessenen Schalldruckpegel. Da jede Harmonische bei einem Vielfachen der treibenden PMSM-Frequenz erzeugt wird, werden Harmonische im Campbell-Diagramm als gerade Linien dargestellt. Die erste Harmonische liegt am unteren Rand des Diagramms und die nachfolgenden Harmonischen darüber.
In den folgenden Campbell-Diagrammen können wir sehen, wie die erste, dritte und vierte Harmonische die Hauptursache für den an zwei Mikrofonpositionen gemessenen Schalldruckpegel sind.
Campbell-Diagramme an zwei Mikrofonpositionen.
Schon gehört?
Sie können sich sogar eine Simulation der von diesem Modell vorhergesagten Geräusche anhören! Ab Version 5.6 von COMSOL Multiphysics können Sie 1D-Plots in WAV-Dateien exportieren, um sich Ihre Ergebnisse anzuhören. Probieren Sie es aus, indem Sie auf den Audioplayer klicken:
Durch die Veranschaulichung der Beziehung zwischen elektromagnetischen Bedingungen und ihren akustischen Auswirkungen an verschiedenen Orten kann ein Modell wie dieses dabei helfen, Frequenzen zu ermitteln, bei denen das Gehäuse sehr effizient Geräusche abstrahlt, sowie Harmonische mit großen Auswirkungen auf das Gesamtgeräuschprofil zu identifizieren. Diese Ergebnisse können dabei helfen, notwendige Anpassungen der Rotorschlitzgrößen, -formen und -positionen sowie mögliche Änderungen am Motorgehäuse und den umgebenden Baugruppen zu ermitteln.
Zuhören und lernen
Sehen Sie sich das Tutorial-Modell Electric Motor Noise in a Permanent Magnet Synchronous Motor an, indem Sie auf die folgende Schaltfläche klicken:
Nissan und Leaf sind eingetragene Marken der Nissan Motor Co., Ltd.
Toyota und Prius sind eingetragene Marken der Toyota Motor Corporation.
BMW i3 ist eine eingetragene Marke der Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft.
Chevrolet ist eine eingetragene Marke von General Motors LLC.
Tesla ist eine eingetragene Marke von Tesla, Inc.
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