Stellen Sie sich Folgendes vor: Ein Akkupack wird an ein Ladegerät angeschlossen und zum Aufladen zurückgelassen. Die erste Minute vergeht ohne Zwischenfälle und der Strom fließt wie erwartet in den Akku. Plötzlich kommt es bei einer Akkuzelle zu einem Kurzschluss und sie erhitzt sich schnell, was eine Kettenreaktion auslöst, die auch die anderen Zellen im Akkupack erfasst. Nach 20 Minuten ist der gesamte Akkupack völlig zerstört. Um dieses potenziell gefährliche Szenario zu erforschen, haben wir einen Akkupack modelliert, der diese rasante Veränderung durchläuft.
Risiko des thermischen Durchgehens
Bei Akkus kann es zu einem thermischen Durchgehen kommen, wenn sie über ihren normalen Betriebsbereich hinaus belastet werden, wenn sie beschädigt werden oder wenn es zu einem Kurzschluss kommt, wie in unserem dramatischen Beispiel oben. Dabei erwärmt sich eine Akkuzelle unkontrolliert und die Erwärmung greift auf die benachbarten Zellen über. Wenn der übermäßigen Wärmeentwicklung nicht durch ausreichende Dissipation entgegengewirkt wird, kommt es zu einem thermischen Durchgehen des gesamten Packs. Dies kann schnell dazu führen, dass der gesamte Akkupack unbrauchbar wird. Im schlimmsten Fall können die extremen Temperaturen sogar Brände mit schwerwiegende Folgen auslösen.
Akkus können bei unsachgemäßem Design oder Betrieb thermisch durchgehen. Foto von Roberto Sorin über Unsplash.
Um herauszufinden, wie sich diese Art von Versagen in potenziellen Designs entwickeln könnte, können Akkuentwickler auf Modellierung und Simulation (M&S) zurückgreifen, um ihre Designs zu testen, ohne dabei Materialien – oder sich selbst – zu schädigen. M&S ermöglicht einen Blick in das Innere eines Akkus, wie es in einem Labor nicht möglich ist, und insbesondere die Multiphysik-Simulation stellt sicher, dass die Modelle den realen Kontext widerspiegeln, in dem der Akku schließlich betrieben wird.
Ein Akkupack-Modell in COMSOL Multiphysics®
Werfen wir einen Blick auf einen einfachen Pack aus 20 zylindrischen Akkus in einer 5s4p-Konfiguration. In einer 5s4p-Konfiguration sind 4 Sets von Akkuzellen parallel geschaltet, von denen jedes 5 in Reihe geschaltete einzelne Akkuzellen enthält. Für dieses Modellbeispiel haben wir zwei Kunststoffhalterungen zur Fixierung der Akkus und der Abstände zwischen den Zellen hinzugefügt. Das Modell verfügt außerdem über Parallelverbinder, die in der Mitte zwischen den Akkuzylindern an die Reihenverbinder geschweißt sind, sowie über eine dünne Kunststoffhülle, die den gesamten Pack umschließt. Diese Umhüllung bildet eine Kammer mit ruhender Luft, die die Akkuzylinder umgibt.
Die modellierte Geometrie des Akkupacks.
Das Modell verwendet die folgenden Materialien aus der Material Library in der Software COMSOL Multiphysics®:
- Acrylplastik (für die Plastikhalterungen)
- Stahl AISI 4340 (für die Verbinder und Pole)
- Luft (für die Luft in der Kammer)
Als Nächstes wollen wir das thermische Durchgehen im Akkupack auslösen. Um die Ausbreitung zu starten, nehmen wir an, dass eine Zelle zu Beginn des Ladevorgangs einen Kurzschluss erfährt.
Modellierung des thermischen Durchgehens
In unserer Simulation steigt die gemessene Höchsttemperatur in unserem Akkupack sofort nach Auslösen des Kurzschlusses (bei der 1-Minuten-Marke) um mehr als 300 °C. Die gemittelte Temperatur steigt jedoch nur mäßig an, da nur eine einzige Akkuzelle diesen drastischen Temperaturanstieg erfährt. Es folgt eine Inkubationszeit, in der die benachbarten Zellen durch unsere Problemzelle erwärmt werden, bis eine weitere Zelle zur schlagartigen Erwärmung angeregt wird.
Spannung des Akkupacks sowie maximale und durchschnittliche Akkutemperatur im Pack.
Die Schwellentemperatur zur Auslösung eines thermischen Ereignisses bei den verbleibenden Zellen liegt bei 80 °C, und mit der zunehmenden Gesamtwärme im Akkupack werden die Intervalle zwischen den aufeinanderfolgenden Ereignissen immer kürzer. Um den Elektrolytverlust und den daraus resultierenden Anstieg des Innenwiderstands der Zellen zu simulieren, wird der Ohmsche Innenwiderstand einer Akkuzelle so eingestellt, dass er bei Auslösung eines thermischen Ereignisses um etwa zwei Größenordnungen ansteigt.
Akkutemperatur im Pack im Lauf der Zeit.
Bei der 10-Minuten-Marke ist die maximale Ladespannung erreicht und das Ladegerät wird abgeschaltet. Leider kommt dies zu spät, um weitere Schäden zu verhindern, sodass sich das thermische Durchgehen weiter auf den Rest des Akkus ausbreitet. Nur wenige Minuten später sind alle 20 Akkuzellen zerstört. Nach 20 Minuten sind die thermischen Prozesse abgeschlossen, doch die Durchschnittstemperatur unseres Akkupacks liegt immer noch bei mehr als 350 °C. Wäre dies ein echter Akkupack gewesen, hätte das modellierte Szenario wahrscheinlich zu einem Brand oder sogar zu einer Explosion geführt.
Probleme verhindern, bevor sie entstehen
Bei Akkus, die zu heiß gelagert, auf unsichere Weise betrieben oder beschädigt wurden, kann es zu einem thermischen Durchgehen kommen. Wenn ein Teil des Systems zu überhitzen beginnt, kann sich die Situation schnell verschlechtern. Durch die Modellierung dieser Ereignisse können Nutzer ihre Designs virtuell testen und Prüfungen der Wirksamkeit von Batteriemanagementsystemen sowie der Temperaturregelung des Systems an potenziellen Einsatzorten vornehmen. Durch diesen Ansatz lässt sich das thermische Durchgehen besser verstehen und – hoffentlich – ganz vermeiden.
Möchten Sie dieses Modell selbst erstellen? Die Modelldateien sind in der Application Gallery verfügbar.
Laden Sie Ihre Akkus mit noch mehr Inhalten auf
- Erfahren Sie mehr über die Modellierung von Akkus im COMSOL Blog:
- Sehen Sie eine Präsentation zum Design von leistungsstarken, langlebigen und sicheren Akkus
Kommentare (0)