
Modellierung einer akustischen Falle: Thermoakustische Strömung und Particle Tracing
Akustische Fallen bieten eine berührungslose Methode zur Manipulation von Zellen und Partikeln für eine Vielzahl von biomedizinischen Anwendungen. In einer typischen akustischen Falle induziert ein piezoelektrischer Wandler ein Druckfeld in einem Fluid und erzeugt so akustische Strahlungskräfte, die kleine, in dem Fluid schwebende Objekte effektiv einfangen. In diesem Blog-Beitrag sehen wir uns ein Modell einer akustischen Falle genauer an – thermoakustische Strömung und Particle Tracing inklusive.
Eine kurze Einführung zu akustischen Fallen
August Kundt wies 1874 erstmals nach, dass Schallwellen akustische Strahlungskräfte auf ihnen ausgesetzte Partikel ausüben können. Seit den 1990er Jahren wird dieses Prinzip in mikrofluidischen Geräten und Lab-on-a-Chip-Systemen genutzt, und heute werden kommerziell erhältliche akustische Fallen in biowissenschaftlichen Laboren und medizinischen Einrichtungen auf der ganzen Welt eingesetzt. Akustische Einfangsysteme haben eine Vielzahl von Anwendungen, die von der Anreicherung und Reinigung von Proben mit geringer Konzentration bis hin zu Studien über Zell-Zell-Wechselwirkungen, Partikelsortierung und die Isolierung von Bakterien, Viren oder Biomarkern für die Point-of-Care-Diagnostik reichen.
Abbildung 1. Akustische Strömung im Querschnitt eines mikrofluidischen Kanals, der beispielsweise zur Aufkonzentrierung oder Trennung von Partikeln in biologischen Proben verwendet werden kann.
Die in akustischen Fallen induzierten Schallwellen erzeugen eine Strömung (acoustic streaming) in Form sich schnell bewegender Wirbel um die Einfangstelle herum. Die akustische Strömung führt zu einer viskosen Widerstandskraft auf die Partikel im Fluid. Zusätzlich erfahren die Partikel eine akustischen Strahlungskraft. Bei großen Partikeln ist die akustische Strahlungskraft dominierend, bei kleinen Partikeln ist es die Widerstandskraft. Die Partikelgröße, bei der sich die dominante Kraft ändert, hängt von der spezifischen Vorrichtung und den akustischen Eigenschaften des Partikels ab. In den meisten Geräten wird die akustische Strahlungskraft zum Einfangen oder Kontrollieren von Partikeln verwendet. Daher verhindert die Widerstandskraft des akustischen Strömungsfeldes in der Regel, dass kleine Partikel unterhalb einer kritischen Größe von der akustischen Falle erfasst werden.
Mit diesen Informationen im Hinterkopf wollen wir uns nun damit befassen, wie eine akustische Falle in COMSOL Multiphysics® simuliert werden kann. Das in diesem Blog-Beitrag behandelte Modell Dreidimensionale akustische Falle und thermoakustische Strömung in einer Glaskapillare steht in der Application Gallery zum Download zur Verfügung.
Modellierung einer akustischen Falle
Die 3D-Modellgeometrie für unsere akustische Falle ist unten dargestellt. Die Geometrie des Einfangsystems ist entlang seiner beiden Symmetrieebenen geteilt, sodass wir nur ein Viertel des Systems modellieren müssen. Ein Viertel eines kleinen piezoelektrischen Wandlers (grau) wird unter einem Viertel einer mit Wasser (blau) gefüllten Glaskapillare (gelb) platziert. Da die ca. 5 cm lange Glaskapillare im Vergleich zu ihrer Höhe von 0,48 mm und Breite von 2,28 mm sehr lang ist, werden ihre Enden mithilfe einer Perfectly Matched Layer (PML) modelliert. Eine PML ist ein Gebiet, das einer Geometrie hinzugefügt werden kann, um die Dämpfung und Absorption aller ausgehenden Wellen zu simulieren. Die PML, welche die Hälfte eines Endes der Kapillare umfasst, ist unten grün dargestellt. Wie Sie sehen können, ist die PML in diesem Modell sowohl in der Glaskapillare als auch im Fluid aktiv.
Abbildung 2. Modellgeometrie eines Viertels der akustischen Falle.
Die Modellierung einer akustischen Falle ist ein echtes multiphysikalisches Problem, das Elektromagnetik, Festkörpermechanik, Akustik, Strömungsmechanik und in einigen Fällen auch Wärmetransport umfasst. Eine oszillierende Spannungsdifferenz über dem piezoelektrischen Wandler induziert Schwingungen im piezoelektrischen Material und damit auch in der Glaskapillare. Dieser piezoelektrische Effekt wird durch die Kopplung der Elektrostatik im Gebiet des piezoelektrischen Wandlers mit der Festkörpermechanik des piezoelektrischen Wandlers und der Glaskapillare modelliert. Um das resultierende Druckfeld im Fluid zu modellieren, verwenden wir ein Akustik-Struktur-Multiphysik-Interface am Rand zwischen der Glaskapillare und dem Fluid, das die Festkörpermechanik mit der Druckakustik koppelt.
Zusätzlich erwärmt die Energieableitung im piezoelektrischen Wandler das System, was zu einem Temperaturgradienten in der Glaskapillare und dem Fluid führt, der wiederum Gradienten in den akustischen Eigenschaften des Fluids erzeugt, die sich auf die akustische Strömung auswirken. Eine Multiphysik-Kopplung für nicht-isotherme Strömung berücksichtigt die Auswirkungen dieses Temperaturgradienten, indem sie die Modellierung des Wärmetransports der gesamten Geometrie (Festkörper und Fluid) mit einem Kriechströmungsmodell im Gebiet des Fluids kombiniert. Eine Kopplung zwischen der Kriechströmung und der Druckakustik wird verwendet, um die akustische Strömung zu modellieren. Um zu sehen, ob unsere akustische Falle wie vorgesehen funktioniert, nutzen wir schließlich Particle Tracing, um die Trajektorien zweier Arten von Partikeln im Fluid zu bestimmen – große Quarzglaspartikel und kleine Polystyrolpartikel.
Sehen wir uns die Ergebnisse an!
Simulationsergebnisse
Akustische Felder
Die akustischen Felder sind im Frequenzbereich modelliert und das System wird im Ultraschallbereich bei einer Frequenz von 3,84 MHz betrieben. Diese Frequenz entspricht einer stehenden Halbwellenresonanz in der Höhe der Fluidkammer. Das elektrische Feld im piezoelektrischen Wandler, das Verschiebungsfeld im piezoelektrischen Wandler und in der Glaskapillare, das durch den piezoelektrischen Effekt erzeugt wird, und das daraus resultierende akustische Druckfeld im Fluid sind unten dargestellt. Das akustische Feld enthält einen Bereich mit minimalem Druck über dem piezoelektrischen Wandler, der als Druckknoten bezeichnet wird.
Abbildung 3. Verschiebungsfeld (nm), elektrisches Feld und Druckfeld in der akustischen Falle.
Die auf ein Teilchen in einem akustischen Feld wirkenden akustischen Strahlungskräfte können durch das Gor'kov-Potential beschrieben werden. Abbildung 3 zeigt das für die kleinen Polystyrolteilchen in unserem Modell berechnete Gor'kov-Potential. In dem Fluid schwebende Teilchen werden zu dem minimalen Gor'kov-Potential gelenkt und sollten daher im Zentrum der Glaskapillare eingefangen werden. Eine ausführliche Erläuterung der akustischen Strahlungskraft und ihrer Berechnung mit COMSOL Multiphysics® finden Sie in diesem früheren Blog-Beitrag.
Abbildung 4. Gor'kov-Potential für Polystyrolpartikel mit einem Durchmesser von 1 µm.
Thermoakustische Strömung
Wie sieht es mit der akustischen Strömung aus? Die untenstehenden Simulationsergebnisse zeigen vier Strömungswirbel über dem piezoelektrischen Wandler, die nur durch das Temperaturfeld erklärt werden können. Der Temperaturgradient in der Glaskapillare und im Fluid, der durch die Erwärmung im piezoelektrischen Wandler entsteht, erzeugt Gradienten in der Fluiddichte und -kompressibilität. Diese Gradienten in den Materialparametern des Fluids führen zusammen mit der Akustik zu einer thermoakustischen Volumenkraft, die die akustische Strömung antreibt und dieses charakteristischen Strömungsmuster erzeugt.
Abbildung 5. Thermoakustische Strömung in der Glaskapillare und Temperaturgradient. Die Symmetrieebenen der Geometrie sind entfaltet.
Partikeltrajektorien
Mithilfe von Particle Tracing können wir auch herausfinden, ob Partikel mit bestimmten Eigenschaften in die akustische Falle gezogen werden. Die folgenden Animationen zeigen die berechneten Trajektorien großer Quarzglaspartikel mit einem Durchmesser von 10 µm und die Trajektorien kleinerer Polystyrolpartikel mit einem Durchmesser von 1 µm. Die Quarzglaspartikel über dem piezoelektrischen Wandler bewegen sich zur Mitte der Glaskapillare und werden dort eingefangen, während die Bewegung der kleineren Polystyrolpartikel durch die Strömung bestimmt wird.
Abbildung 6. Trajektorien der großen Quarzglaspartikel.
Abbildung 7. Trajektorien der kleinen Polystyrolpartikel.
Versuchen Sie es selbst
Möchten Sie dieses Multiphysik-Modell selbst ausprobieren? Hier können Sie die MPH-Datei herunterladen:
Weitere Ressourcen
Diese Tutorial-Modelle zu akustischer Strömung und akustischen Fallen sind ebenfalls in der Application Gallery verfügbar:
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