Entwicklung eines Silizium-MEMS-Chips für die bedarfsgesteuerte DNA-Synthese
Die Genom-Editierung in somatischen Zellen birgt das Potenzial für die Behandlung einer Vielzahl von genetischen Krankheiten. Seit der Entwicklung von CRISPR-Cas9, einem leistungsstarken Tool zur Genom-Editierung, ist die Nachfrage nach DNA-Synthesetechnologien gestiegen. Ein Startup-Unternehmen mit Sitz in Großbritannien entwickelt eine Desktop-Plattform für hochparallele, genaue und skalierbare DNA-Synthese, die den Horizont in der synthetischen Biologie erweitern wird.
Neue Grenzen in der DNA-Forschung
Traditionell wird bei der DNA-Synthese zunächst chemisch eine Kette von Basen gebildet, um ein Segment eines Einzelstrangs zu erzeugen. Anschließend werden die Strangsegmente miteinander verbunden, um die doppelsträngige DNA zu bilden. Dieses Verfahren kann sowohl kostspielig als auch extrem zeitaufwendig sein, was den Fortschritt bei wichtigen Anwendungen der synthetischen Biologie hemmt. Eine Desktop-DNA-Plattform, mit der ganze Gensequenzen synthetisiert werden können, würde die Welt der DNA-Synthese in jedem Labor verändern. Evonetix, ein Startup-Unternehmen mit Sitz in Cambridge, Großbritannien, entwickelt ein Lab-on-Chip-System aus Silizium, um dieses Ziel zu verwirklichen.
Die Plattform, die Evonetix entwickelt, besteht aus einem Siliziumchip, der mehrere Reaktionsstellen enthält, von denen jede einen eigenen DNA-Strang parallel synthetisieren kann. Die einzelnen Stellen sind mit einer Goldschicht versehen, auf der die biochemischen Reaktionen ablaufen. Außerdem gibt es Schutzbereiche, die diese Stellen thermisch von den passiven Zwischenbereichen isolieren.
Eine einzelne Reaktionsstelle auf dem Lab-on-a-Chip aus Silizium. Bild mit freundlicher Genehmigung von Evonetix.
Die thermische Steuerung ist einer der wichtigsten Aspekte des Chips. Sie dient dazu, Reaktionen an einzelnen Stellen des Chips zu beschleunigen oder zu verlangsamen, so dass diese im Prinzip wie ein Lichtschalter ein- und ausgeschaltet werden können. Außerdem ermöglicht die thermische Kontrolle eine präzise und voneinander unabhängige Steuerung der Temperaturen der Fluidvolumen an den Reaktionsstellen; diese Kontrolle schafft “virtuelle thermische Brunnen”, sodass keine physischen Barrieren zwischen den Reaktionsstellen erforderlich sind und der Fluss der Reagenzien über viele tausend Stellen gleichzeitig möglich ist. Wenn also eine Flüssigkeit mit chemischen Reagenzien über die Stellen fließt, finden Reaktionen in Abhängigkeit von der Temperatur in einem hochgradig parallelen Format statt (oder nicht).
Ein weiterer Aspekt des Chips ist seine proprietäre Methode zur Fehlererkennung, die den Ertrag erhöht. Die auf den Reaktionsstellen gewachsenen DNA-Sequenzen werden automatisch aufbereitet, um Fehler zu entfernen, bevor sie zu längeren, hochgradig verlässlichen Gensequenzen kombiniert werden.
Design-Ziele
Damit der Siliziumchip die DNA so effektiv wie möglich synthetisieren kann, musste das Evonetix-Team seine Geometrie und seine Materialien optimieren. Es gab drei Hauptziele für das Design des Chips:
- Gleichmäßige Temperatur auf der gesamten Reaktionsstelle
- Hoher Temperaturanstieg pro Leistungseinheit an der Reaktionsstelle
- Robustes Temperaturprofil während der Strömung
Eine einheitliche Temperatur ist wichtig, weil sie eine präzise Steuerung der Reaktionen ermöglicht. “Die chemischen Reaktionen werden durch die Temperatur in Gang gesetzt und wir wollen die Reaktionsrate genau steuern”, sagt Andrew Ferguson, Head of Physics bei Evonetix. Ein hoher Temperaturanstieg pro Leistungseinheit gewährleistet einen niedrigen Gesamtstrombedarf für den Chip. Und schließlich sorgt ein robustes Temperaturprofil auf dem Chip dafür, dass die Reaktionen unter Strömungsbedingungen ablaufen können.
Modellierung eines MEMS-Chips aus Silizium in COMSOL Multiphysics®
Das Evonetix-Team verwendet die Software COMSOL Multiphysics®, um die DNA-Synthese auf ihrem Siliziumchip-Design zu simulieren. “Ich mag die Benutzeroberfläche von COMSOL Multiphysics; wir können uns auf die Physik konzentrieren und gleichzeitig sicher sein, dass die numerische Implementierung der Gleichungen gut umgesetzt wird”, sagt Vijay Narayan, Senior Engineer bei Evonetix. Sie erstellten das Modell mit realistischen Materialparametern unter Verwendung der in COMSOL Multiphysics integrierten Materialien sowie externer Materialdaten aus der Literatur.
Das Team nutzte COMSOL Multiphysics, um zunächst eine optimale Geometrie für eine Einheit des Chips, einschließlich der Reaktionsstelle und des Heizelements, zu finden, die die drei oben genannten Designanforderungen erfüllt. Das ECAD Import Module ermöglichte es ihnen, ihre Designs aus GDS, einem CAD-Dateiformat, einfach in COMSOL Multiphysics zu importieren. “Die Konstruktion des Systems, insbesondere des Heizelements, kann sehr präzise sein und hat sehr strenge Designregeln”, sagt Narayan. “Das ECAD Import Module bietet ein zusätzliches Maß an Flexibilität.” Diese Funktionalität ermöglicht es der Gruppe auch, Designs direkt an den Hersteller zu übermitteln, wenn sie die Phase des Prototypings erreichen.
Das Simulationsmodell mit einer Reaktionsstelle. Bild mit freundlicher Genehmigung von Evonetix.
Zur Analyse der stationären und transienten thermischen Reaktionen des Systems verwendete das Team das Heat Transfer Module. Sie bewerteten die Fähigkeiten des Systems zur Temperaturregelung, indem sie mithilfe des Interface Electromagnetic Heating einen Strom durch das Heizelement leiteten. Um die thermische Analyse zu erweitern, berücksichtigte das Team außerdem die Strömung durch Hinzufügen des Interface Laminar Flow und der Multiphysik-Kopplung Nonisothermal Flow.
Vergleich des Modells mit dem Experiment
Nachdem Evonetix mithilfe von Simulationen die optimale Geometrie und das optimale Material für den Siliziumchip bestimmt hatte, war das Unternehmen bereit, zur Prototyping-Phase überzugehen. Mit den Prototyp-Chips wurden elektronische Tests durchgeführt und die Ergebnisse dann mit den Simulationen in COMSOL Multiphysics verglichen.
Die Simulationsergebnisse für die Temperaturverteilung auf der Oberfläche der Reaktionsstelle zeigten eine außerordentlich gleichmäßige Temperaturverteilung (Designanforderung Nr. 1, siehe oben) mit nur geringen Abweichungen um die Heizelemente. Um diese Ergebnisse zu bestätigen, nutzte das Team die Epifluoreszenzmikroskopie unter Verwendung eines Moleküls, dessen Fluoreszenz von der Temperatur abhängt. Auf diese Weise konnten sie die tatsächliche Temperaturverteilung im Fluid über den Reaktionsstellen sehen und die Vorhersagen des Modells über einen scharf abgegrenzten thermischen Brunnen und eine einheitliche Temperatur auf der gesamten Reaktionsstelle bestätigen.
Thermische Analyse der Reaktionsstelle (links) im Vergleich zu den Ergebnissen der Epifluoreszenzmikroskopie (rechts). Bilder mit freundlicher Genehmigung von Evonetix.
Das Physics-Team untersuchte auch die Temperaturprofile entlang der Reaktionsstelle für verschiedene Ströme und ermittelte den Temperaturanstieg pro Leistungseinheit (Designanforderung Nr. 2). Tatsächlich wird die Temperatur außerhalb des Schutzbereichs der Stelle nur unwesentlich durch die Wärmeabgabe des Heizelements beeinflusst. Dies zeigt, dass der Crosstalk zwischen den Stellen vernachlässigbar ist, was auch durch Experimente bestätigt wurde.
Temperaturprofile der Reaktionsstellen bei verschiedenen Spannungen. Bild mit freundlicher Genehmigung von Evonetix.
Vergleich des Temperaturanstiegs in der Simulation und in den Experimenten. Ein experimentelles Histogramm der Steigung des Temperaturanstiegs gegenüber der Leistung (rechts im Bild) ist genau auf den simulierten Wert von 2,7 K/mW zentriert. Bild mit freundlicher Genehmigung von Evonetix.
Schließlich wollte das Team sehen, wie sich die Strömung auf die Reaktionsstellen auswirkt. Sowohl die Simulationsergebnisse als auch die Experimente deuten darauf hin, dass sich bei Flüssigkeitsgeschwindigkeiten von bis zu 1 mm/s (der maximalen Geschwindigkeit, die für die Synthese vorgesehen ist) das Profil des thermischen Brunnens nicht verändert.
Temperaturprofil der Reaktionsstelle bei steigenden Durchflussmengen. Bild mit freundlicher Genehmigung von Evonetix.
Das Evonetix-Team nutzte COMSOL Multiphysics zur Optimierung der Eigenschaften seines Lab-on-a-Chip-Systems aus Silizium, das anschließend als Prototyp hergestellt und experimentell verifiziert wurde. Insgesamt stimmte die Leistung des Chips zwischen Experiment und Simulation sehr gut überein. Die Simulation half dem Team auch dabei, die Fertigungsvorgaben, wie Anforderungen an Materialien und Kosten, einzuhalten.
Pläne für die Zukunft
Evonetix plant, den Umfang der Simulationen erheblich zu erweitern: Zunächst sollen chemische Reaktionen in das bestehende Modell aufgenommen werden, um den DNA-Syntheseprozess zu simulieren. Anschließend sollen mehrere Reaktionsstellen, Ein- und Auslässe für Fluide sowie externe Wärmequellen und -senken einbezogen werden, um schließlich ein digitales Modell des Endprodukts zu erstellen. Die Ergebnisse werden bei der Optimierung einzelner Komponenten, einschließlich des Chips, der Reagenzienzufuhr und der peripheren Hardware, helfen und schließlich zur Bereitstellung eines optimierten Systems führen.
Weitere Lektüre
- Erfahren Sie mehr über die Forschung von Evonetix in ihrem auf der COMSOL Conference 2019 Cambridge vorgestellten Paper “Towards high throughput DNA synthesis in a silicon-based MEMS ‘virtual thermal well’ array”
- Lesen Sie im COMSOL Blog über eine andere Art und Weise wie Simulation für die DNA-Sequenzierung verwendet wird
- Erfahren Sie mehr über das CRISPR-cas9-Projekt auf Your Genome
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