Berechnung der Verluste in einem Dreiphasen-Leistungstransformator

4. Feb 2021

Dreiphasen-Leistungstransformatoren, auch Drehstromtransformatoren genannt, werden weltweit zur effizienten Übertragung in Stromnetzen eingesetzt. Obwohl sie gegenüber Einphasentransformatoren erhebliche Vorteile in Bezug auf Kapazität, Lastausgleich und Effizienz bieten, ist die Berechnung der Verluste nicht ganz einfach. Mit der Software COMSOL Multiphysics® können wir die Verluste im Kern, in den Spulen und in der Halterung sowie wichtige Lumped-Parameter wie die Primär- und Sekundärinduktivität verlässlich berechnen. Die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Transformatoren hängt weitgehend davon ab, wie gut das Design in der Lage ist, seine Verluste auszugleichen. Nachlässigkeit in dieser Hinsicht hätte sträfliche folgen und könnte zu großen Pannen führen.

Leistungstransformatoren: Eine Einführung

Die Effizienz der Stromübertragung von der Quelle (zum Beispiel einem Kraftwerk) zum Ziel (zum Beispiel dem Verbraucher) wird durch den Vergleich der erzeugten und der empfangenen Energie berechnet. Um die Übertragungseffizienz zu maximieren, müssen die Energieverluste während der Übertragung minimiert werden. Bei der Übertragung von Strom über große Entfernungen wird dies dadurch erreicht, dass die durch das Übertragungsnetz fließenden Ströme reduziert werden, indem die Spannung vor der Übertragung erhöht und am empfangenden Ende, in der Regel in einem Umspannwerk, wieder gesenkt wird.

Ein Foto von einem Kraftwerk im Freien, zu dem auch Dreiphasentransformatoren gehören.
Ein Kraftwerk mit Dreiphasentransformatoren in Bruchsal, Deutschland. Bild von Ikar.us — Karlsruhe:Datei:Kändelweg NE.jpg, eigenes Werk. Lizensiert unter CC BY 3.0 DE, über Wikimedia Commons.

Bei Wechselstrom kann dieses Hochtransformieren und Heruntertransformieren (dank Faraday) auf der Grundlage eines überraschend einfachen Prinzips mithilfe eines Transformators erfolgen, der in seiner einfachsten Form aus zwei Spulen und einem Stück ferromagnetischen Materials besteht. Ein solcher Transformator verwendet einen einzigen Wechselstrom und eine einzige Wechselspannung und wird als Einphasentransformator bezeichnet. Ein gängiger Typ eines Einphasentransformators ist der E-Kern-Transformator.

Wie funktionieren Dreiphasentransformatoren?

Dreiphasentransformatoren können durch das Wickeln von drei Spulenpaaren auf einen einzigen ferromagnetischen Kern in einer Reihe von verschiedenen Konfigurationen konstruiert werden. Das integrierte Feature Coils in COMSOL Multiphysics ermöglicht die flexible Änderung von Spulenkonfigurationen.

Eine schematische Darstellung einer dreiphasigen Wellenform, bei der die verschiedenen Phasen in schwarz, rot und blau dargestellt sind.
Dreiphasige Wellenform. Bild gemeinfrei über Wikimedia Commons.

Dreiphasensysteme haben eine größere Übertragungskapazität und sind daher effizienter als Einphasensysteme. Außerdem führt die Phasendifferenz zwischen den Leitern dazu, dass die Spannung in jedem Leiter einen Spitzenwert erreicht, der ein Drittel einer Periode nach einem der anderen Leiter und ein Drittel einer Periode vor dem verbleibenden Leiter liegt, wodurch eine ausgeglichene Belastung gewährleistet wird.

Eine schematische Darstellung einer Dreieck-Stern-Transformatorenkonfiguration, wobei die verschiedenen Komponenten blau beschriftet sind.
Eine Dreieck-Stern-Transformatorenkonfiguration. Bild von Gargoyle888, eigenes Werk. Lizensiert unter CC BY-SA 3.0, über Wikimedia Commons.

Für große Stromverteilungsnetze müssen Transformatoren jedoch weiter optimiert werden, um die Effizienz zu maximieren und so mögliche Ausfälle zu vermeiden, die oft auf hohe Temperaturen aufgrund von Verlusten zurückzuführen sind. Daher ist die Optimierung des Designs einer der wichtigsten Schritte, um einen effizienten und zuverlässigen Transformator zu konstruieren. Unter verschiedenen Betriebsbedingungen können Verluste in jedem Teil des Transformators auftreten. Mithilfe der Multiphysik-Simulation können wir die Verluste in den Spulen, im Kern und in der Halterung des Transformators separat berechnen und diese Rückschlüsse nutzen, um das Design zu verbessern und die Verluste auf ein Minimum zu reduzieren.

Wie und warum entstehen die Verluste in einem Leistungstransformator?

In einem Dreiphasentransformator können wir die Verluste in den verschiedenen Teilen wie folgt klassifizieren:

  • Kernverluste treten im ferromagnetischen Kern des Transformators auf.
    • Kernverluste werden gemeinhin als Eisenverluste bezeichnet, im Gegensatz zu Kupferverlusten, den Verlusten in den Spulenwicklungen.
    • Die meiste Zeit über werden die Kernverluste von der Hysterese bestimmt, d.h. von der Verzögerung der Magnetisierung gegenüber dem angelegten Magnetfeld. Hystereseverluste kommen in jedem magnetischen Eisen vor und können mikroskopisch als die Reibung des magnetischen Bereichs interpretiert werden: Daraus folgt, dass die Hystereseverluste umso größer sind, je höher das Magnetfeld ist, und dass diese Verluste linear mit der Frequenz skalieren. Im Zustand des offenen Stromkreises sind diese Verluste am größten, da die größten Magnetfelder im Kern induziert werden.
    • Gelegentlich kann der Kern auch Verluste aufgrund von Wirbelströmen aufweisen. Diese sind dank der Verwendung von laminiertem Eisen, das Wirbelströme minimiert, im Allgemeinen geringer als die Hysterese. Dennoch können Wirbelstromverluste im Kern an den Außenflächen, den scharfen Ecken oder in einigen freiliegenden Teilen, wie den Klemmplatten, auftreten. Dies geschieht meist bei Kurzschlüssen oder als Folge von schnellen Pulsen. Die Berechnung der Wirbelstromverluste des Kerns kann oft erfolgen, indem man diesen Teil des Kerns ähnlich wie die Halterung behandelt,.
  • Spulenverluste, auch Kupferverluste oder I2R-Verluste genannt, entstehen durch die Joulesche Erwärmung in der Spule aufgrund des elektrischen Widerstands des Leiters.
    • Bei Gleichstrom lassen sich diese Verluste einfach mit dem Ohmschen Gesetz berechnen. Wenn jedoch Wechselstrom im Spiel ist, steigen die Verluste aufgrund des Skin-Effekts und des Proximity-Effekts drastisch an.
  • Halterungsverluste sind Verluste in den Metallstrukturen, die den Transformator stützen.
    • Sie entstehen durch Streuströme (Wirbelströme), die in die Halterung induziert werden.

Sehen wir uns an, wie wir diese Komponenten visualisieren und diese Verluste mithilfe einer Simulation mathematisch berechnen können. Wir werden zwei der interessantesten Szenarien simulieren, von denen eines oft der begrenzende Faktor für die Vorhersage von Verlusten ist. Für diese Berechnungen werden wir achsensymmetrische 2D- und 3D-Modelle in COMSOL Multiphysics verwenden. Wir werden einen Leerlauftest durchführen, indem wir die Hochspannungswicklung offen halten und eine niedrige Spannung an das Niederspannungsende anlegen. Wir werden auch einen Kurzschlusstest simulieren, indem wir die Niederspannungswicklung kurzschließen und eine Spannung an das Hochspannungsende anlegen, um sicherzustellen, dass ein Nennstrom durch den Stromkreis fließt.

Modellierung eines Dreiphasentransformators in COMSOL Multiphysics®

Geometrie, Material und Studien

Für unsere 3D-Analysen modellieren wir die gesamte Geometrie des Transformators, einschließlich des gesamten Kerns und der Halterung, und verwenden dabei homogenisierte Spulen. Das achsensymmetrische 2D-Äquivalent hingegen zeigt eine einzelne Phase, bei der jede Spulenwindung explizit modelliert wird.

Die drei Spulen lassen sich mit dem eingebauten Feature Coil leicht modellieren und können für ein bestimmtes Design angepasst werden.

Ein 3D-Modell der Geometrie eines Leistungstransformators, einschließlich der Halterung.
Eine 3D-Transformator-Modellgeometrie auf einem blauen Hintergrund mit Farbverlauf.

Die 3D-Modellgeometrie mit und ohne Halterung.

Wir wählen verlustfreies Eisen (mit einer Leitfähigkeit von 0,1) als Kernmaterial und Kupfer für die Spulen. Der Aufbau wird mit Baustahl und einer Impedance-Randbedingung modelliert. In dem achsensymmetrischen 2D-Modell beziehen wir die einzelnen Gebiete der Leiter ein, um die Stromdichte der Leiter zu verstehen.

Der Leerlauftest wird nur in 3D durchgeführt, da es beim Leerlauf hauptsächlich um die Ermittlung des Feldes im Kern geht, während der Kurzschlusstest sowohl in 2D-Achsensymmetrie als auch in 3D durchgeführt wird, um die große Anzahl der vorhandenen Spulen zu analysieren bzw. die mechanischen Effekte zu erfassen, die in der 2D-Berechnung nicht vorkommen.

3D-Modell

Für den Leerlauftest wird eine nominale Phasenspannung in die Primärspule eingeführt, während die Sekundärspule offen gehalten wird (I = 0). Die Kernverluste werden wie folgt berechnet:

Freq (Hz) Kernverluste (kW) Kernverluste (mur”) (kW) Kernverluste, Steinmetz-Formel (kW)
50.00 1.5971 1.4918 1.5663

Wie Sie in der Tabelle sehen, sind die simulierten Werte mit den Werten vergleichbar, die mit mathematischen Formeln wie der Steinmetz-Formel berechnet wurden.

Unten sehen Sie die magnetische Flussdichte und die Magnetisierung (Sättigung) des Kerns. Wie bereits erwähnt, beeinflussen diese beiden Phänomene die Verluste im Kern.

Simulationsergebnisse für ein Leistungstransformatormodell, bei dem die linke Hälfte des Kerns die Sättigung in einem roten Farbverlauf und die rechte Hälfte die magnetische Flussdichte in Regenbogenfarben zeigt.
Sättigung (linke Hälfte) und magnetische Flussdichte (rechte Hälfte) des Kerns.

Um den Kurzschlusstest im 3D-Modell durchzuführen, müssen 12 Spulenspeisungen geändert werden, d.h. die Spulenanregungswerte müssen zwischen der Primär- und der Sekundärspule getauscht werden. Um einen schnellen Wechsel zwischen diesen Konfigurationen zu ermöglichen, nutzen wir die Methodenfunktion in COMSOL Multiphysics, um diesen Prozess zu automatisieren. Mit dem Kurzschlusstest in 3D erhalten wir die entstehenden Halterungsverluste. Bei 50 Hz beträgt der Halterungsverlust 120 W.

2D-achsensymmetrisches Modell

Wir führen in zwei separaten Studien einen Kurzschluss an den Primär- und Sekundärspulen durch, um die Kupferverluste und die Sekundärinduktivität zu bewerten. Um eine effiziente Umschaltung der Spulenspeisung während der Durchführung der einzelnen Studien zu ermöglichen, verwenden wir die Methodenfunktion, die die Spulenanregung mit einem einzigen Klick ändert. Die Studien werden im Frequenzbereich durchgeführt.

Ergebnisse

Wir können die Simulationsergebnisse in den folgenden Plots visualisieren:

Ein Liniendiagramm, das den Kupferverlust in einem Leistungstransformator bei 50 Hz darstellt.
Bei 50 Hz beträgt der Kupferverlust 5,5 kW.

Simulationsergebnisse, die das Stromdichtemuster in einem Leistungstransformator zeigen, sowohl mit Rot-Blau-Gradient als auch mit Regenbogen-Farbspektrum.
Simulationsergebnisse für die Stromdichte in einem Leistungstransformator, die die Entstehung des Skin-Effekts zeigen.

Muster der Stromdichte. Wir sehen, dass sich in den Leitern ein Skin-Effekt entwickelt, der auf große Unterschiede in der Stromdichte hinweist.

Ein Dreiphasentransformator-Modell mit einem rot-blauen Farbverlauf und weißen Stromlinien zur Visualisierung der elektromagnetischen Verluste, modelliert in COMSOL Multiphysics.
Ein in COMSOL Multiphysics modellierter Dreiphasentransformator.

Mit der Multiphysik-Simulation können wir die Verluste in den einzelnen Komponenten eines Dreiphasen-Leistungstransformators mit hoher Genauigkeit berechnen. Dies ist besonders in der Testphase der Entwicklung von Vorteil. Auf der Grundlage der Simulationsergebnisse können wir mit geometrischen Parametern und anderen Variablen wie der Spulendicke und den Kernblechen experimentieren und Transformatoren mit optimaler Leistung und minimalen Verlusten entwerfen.

Optimierung realer Transformatordesigns mit Multiphysik-Simulation

Für die Hersteller von Wechselstromtransformatoren bedeutet die Forschung und Entwicklung verbesserter Designs, dass sie eine Reihe verschiedener physikalischer Phänomene und die Wechselwirkungen zwischen ihnen berücksichtigen müssen. In diesem Sinne ist die Entwicklung hocheffizienter Transformatoren ein echtes multiphysikalisches Problem.

Einer der wichtigsten Multiphysik-Aspekte, die das Design von Transformatoren beeinflussen, ist deren Wärmeableitung. Die Bewertung von Transformatoren im Hinblick auf ihre thermische Leistung trägt zur Entwicklung effizienter Kühlsysteme bei. Andere Faktoren, die analysiert werden müssen, stehen im Zusammenhang mit der mechanischen Integrität und der Materialverformung sowohl bei statischen als auch bei dynamischen Anregungen. Auf unserer Website und in der Literatur finden Sie zahlreiche Ressourcen zu diesem Thema.

Ein Beispiel für ein besonderes strukturelles Phänomen, das durch periodische Anregung verursacht wird, ist das von einem Transformator erzeugte Geräusch, auch bekannt als Transformatorbrummen. Dieses Geräusch ist das Ergebnis von Vibrationen aus verschiedenen Quellen innerhalb des Transformators, wie zum Beispiel dem Transformatorkern und den Zusatzlüftern und Pumpen, die im Kühlsystem verwendet werden. Die wichtigsten dieser Quellen sind die Magnetostriktion des Kerns und die durch die Lorentz-Kraft induzierte Vibration der Spulen. Beide Effekte können problemlos in das Transformatormodell in der COMSOL® Software integriert werden.

Bei der Arbeit an diesem Problem haben Forscher des ABB Corporate Research Centre in Vasteras, Schweden, Simulationen und Simulations-Apps entwickelt, um eine Reihe von Parametern in den verschiedenen Transformator-Komponenten zu berechnen.

Nächste Schritte

Laden Sie die Modelldateien herunter und probieren Sie das Modell selbst aus:


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